[AGCW] Newcomer und Lizenzklassen

Werner 'Joe' Jochem DK7VW joe at dk7vw.de
Don Dez 20 14:13:36 EST 2007


Betreff war: Zu DL8KAW

[Ich habe mir mal erlaubt, den Betreff zu ändern.]

Michael Link schrieb:

> Leeve Lü: Wir sind jetzt im HEUTE angekommen, und müssen erkennen,
> dass wir selbst offenbar nicht in der Lage (gewesen) sind, dem
> Nachwuchs diejenigen Wertvorstellungen zu vermitteln, die langjährige
> Amateure bei der Ausbildung nebenbei aufgesogen haben. Ihr wisst
> schon: Ham Spirit, Experimentierfreude etc. pp.

Hallo Michael oc,

wenn wir das tatsächlich erkennen, dann sind auch die Fragen erlaubt:

a) woran mag das liegen?
b) was kann man dagegen tun?

> Aber welcher Anfänger wird schon jemanden fragen, dessen einzige
> Antwort bei unbotmäßigem Verhalten und mangelnder Ehrerbietung
> lediglich Vorwürfe über die unverdient viel zu einfache Prüfung sind.

Es mag Funkamateure geben, die sich so verhalten, das ist dann ziemlich 
idiotisch.

Wenn ich allerdings konstatiere, dass das Zugangs-Niveau zum Amateurfunk 
zu niedrig angesetzt wird, dann ist das eine Kritik am System, nicht an 
den Teilnehmern des Systems.

> Ich habe leider die Erfahrung machen müssen, dass ein unverbogener
> Mensch, der Kontakt zu Funkamateur-Clubs aufnehmen will, recht
> schnell unter Druck gerät, die Prüfung machen zu müssen. Tut er das
> nicht, wird er nicht mal als Lebensform wahrgenommen. Es ging mir
> schon vor 28 Jahren nicht viel anders, und ich musste mich als
> Schüler durchbeißen, um ein wenig Respekt zu erarbeiten. Ich weiß
> nicht, ob ich heutzutage so eine Ochsentour noch einmal durchziehen
> würde. Es gibt einfach eine Menge anspruchsvoller Hobbys, bei denen
> Anfänger nicht so schnell "verbellt" werden.

Ich habe - im Gegensatz zu Dir - die Erfahrung gemacht, dass in vielen 
Ortsverbänden des DARC über lange Jahre z.B. SWLs als durchaus geachtete 
Mitglieder an der Gemeinschaft der Funkamateure teilhaben. Ich war in 
den vergangenen 30 Jahren in einer ganzen Reihe von Ortsverbänden aktiv. 
Natürlich wird dort - das ist wohl in jedem Verein so - mal mit den 
"Frischlingen" geflachst. Dass aber jemand "verbellt" wurde oder als 
Anfänger herablassend behandelt wurde, konnte ich erfreulicherweise 
nicht beobachten. Eher im Gegenteil, die notwendige Hilfsbereitschaft 
und Unterstützung war - bis auf ganz wenige Ausnahmen - immer gegeben.

> Ich weiß auch gar nicht, ob die "Angst vor der Verdummung" so
> berechtigt ist. Ambitionierte Anfänger kommen schnell selbst darauf,
> dass Hinzulernen hilft, mehr aus dem Hobby zu machen. Die anderen
> verlieren die Lust - meistens.

Mir geht es um eine Diskussion darüber, wo der Amateurfunk in Zukunft 
positioniert werden soll.

Der DARC scheint nur noch auf ein Halten seiner Mitgliederzahlen fixiert 
zu sein. Dafür ist er bereit, eine Verflachung des Amateurfunks in 
Richtung CB-Funk de luxe hinzunehmen mit allen Folgen, die das 
beinhaltet: Absinken des Ansehens in der Öffentlichkeit, Abnahme der 
politischen Gewichtung, Verlust des Selbstbau-Privilegs u.v.a.

Ich gehöre zu denen, die versuchen sich dieser Entwicklung entgegen zu 
stellen. Ich wünsche mir den Amateurfunk weiterhin als 
wissenschaftlich-technischen Funkdienst, der auch von demjenigen, dessen 
Schwerpunkt mehr auf der kommunikativen Seite unseres Hobbys liegt, eine 
angemessene technische Qualifikation abverlangt. Das halte ich auch für 
einen wichtigen gesellschaftspolitischen Auftrag: es ist doch ein 
politischen Pfund, mit dem wir wuchern können, wenn wir darstellen, dass 
wir solides technisches Wissen auf breiter Front "produzieren" - und das 
in Zeiten des diesbezüglichen Notstandes in Deutschland.

Nachwuchsförderung und Ausbildung steht nicht im Gegensatz zu diesem 
Standpunkt - beides ist natürlicher Bestandteil. Es ist doch blödsinnig, 
unterstellen zu wollen, man sei gegen Nachwuchs bloß weil man eine 
eindeutige Qualifikation fordert.

Im übrigen habe ich die Einführung des mehrklassigen Lizenzwesens im 
Amateurfunk schon immer für einen Fehler gehalten. Es gibt ja auch 
keinen mehrklassigen Jagdschein, einen für Karnickel, einen für Rehwild 
und dann noch einen, mit dem man auf alles schießen darf.

Das Mehrklassen-System hat immer nur zu Streit, Zwist, Neid und endlosen 
Diskussionen um Rechte und Pflichten geführt.

> Da die Pflicht zu CW entfallen ist, wäre die Aufgabe von
> Morsejüngern, die Interesse haben, auch künftig noch QSO-Partner zu
> finden, ganz einfach: Gebt den Spaß weiter, den Ihr mit dem Morsen
> habt. Und wer dann will, dem helft nach Kräften, die Höhen und Tiefen
> zu meistern. Nur Helfen hilft, sonst nichts.
> 
> Gibt es zu viele, die in der AGCW in das Horn "Wider den Anfängern!"
> tuten, dann wäre auch für mich ein Austritt attraktiv.

Auch Du verwechselt anscheinend eine vermeintliche 
"Anfänger-Feindlichkeit" mit der Forderung nach Qualitäts-Grundsätzen. 
Ich kenne _kein_ AGCW-Mitglied, das sich hier oder an anderer Stelle 
nach Deinem Motto "Wider den Anfängern!" verhält. Ganz im Gegenteil, 
gerade die Leute, die Du damit vielleicht meinst, haben unendlich viel 
für den Nachwuchs getan und tun es immer noch.


> Immerhin: Die
> AGCW zeigt, dass sie sich der Herausforderung "Nachwuchsförderung"
> stellt und eben kein Sammelbecken für Elitefunker sein will. Was
> nicht heißen soll, dass es in der AGCW keine gibt - natürlich ;-)

Das wird auch in den nächsten Jahren eine der wichtigsten Aufgaben der 
AGCW sein.

> vy 73 de Michael, DK7EO

73 Joe DK7VW